Diesmal ist alles anders


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Retail mag - DE - Diesmal ist alles anders

Kennen Sie den Ausspruch „diesmal ist alles anders“? Beim Thema Geldanlage ist er fast immer nach Jahren zu hören, in denen die Kurse von Wertpapieren entweder stark gestiegen sind, ungewöhnlich lange nur eine Richtung kannten oder deutlich gefallen sind. So wie zum Beispiel im Jahr 2022.

Kein Wunder, dass dann eine solche Aussage aufkommt. Denn es wird immer nach Erklärungen gesucht, warum etwas von gewohnten Verlaufsmustern oder von Vorhersagen abgewichen ist. Nehmen Sie als Beispiel das Jahr 2020, in dem ab Mitte März der erste Lockdown in Deutschland herrschte und das öffentliche Leben mehr oder minder zum Erliegen brachte. Die Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung waren verheerend und niemand erwartete die Kursaufschwünge, teilweise sogar Kursexplosionen, die sich ab April 2020 einstellten. Knapp zwei Jahre später ergab sich ein anderes Bild: Stark steigende Inflationsraten rund um den Erdball forderten die Zentralbanken heraus, was dann zu einer Erhöhung der Leitzinsen und in der Folge der Zinssätze für Anleger führte. Es stellte sich noch etwas ein: Neben Aktien verloren daher auch die Kurse von Anleihen stark an Wert. Wieder ein zunächst unerwartetes Ereignis. Sicherlich gäbe es noch mehr Beobachtungen, die ich hier nennen könnte. Aber der Blick sollte ja nach vorne gerichtet sein. Deshalb liegt für mich eher die Frage nahe, was sich womöglich aus der Entwicklung der Finanzmärkte im vergangenen Jahr lernen lässt und ob wirklich diesmal alles anders war und ist. Nun, auffällig ist der starke Anstieg der Renditen von Anleihen seit Beginn des Jahres 2022. Diese Bewegung hatte die unschöne Begleiterscheinung, dass die Anleihekurse entsprechend zurückgingen. Gleichzeitig hatten steigende Zinsen einen negativen Einfluss auf die Aussichten vor allem von Wachstumsunternehmen. Die Aktienmärkte fielen auf breiter Front. Aber heißt dies nun in der Konsequenz, sich als Anleger sowohl von Aktien als auch von Anleihen fernzuhalten? Beide Anlageklassen schwanken regelmäßig im Wert und mitunter können beide auch die gleiche Richtung einschlagen, was im Fall zurückgehender Kurse für die meisten Anleger unschön ist. Das Jahr 2022 war in dieser Hinsicht extrem. Und hat damit die Frage aufgebracht, ob sich Portfolios überhaupt diversifizieren lassen. Ich las sogar Schlagzeilen, dass sich das Konzept der Diversifikation, also der breiten Streuung, mit dem Jahr 2022 überholt habe. Mitnichten, meine ich. Das Gegenteil ist der Fall: Auch im Jahr 2022 war Diversifikation das lohnende Gebot der Stunde. Wohl den Anlegern, die rechtzeitig zum Frühjahr oder Sommer Rohstoffe besaßen. Oder die stark im Dollarraum engagiert waren. Einmal mehr eine gute Entscheidung im Vorfeld, nicht alles auf eine Karte gesetzt zu haben. Auch wenn die Wertentwicklung im Jahr 2022 für viele Anleger vermutlich insgesamt negativ war, so hat Streuung in den meisten Fällen sicherlich dazu beigetragen, dass die Verluste weniger stark ausfielen. Womit wir zu einer weiteren wesentlichen Erkenntnis aus dem Jahr 2022 kommen: Ja, die Wertentwicklungen waren unbefriedigend. Aber wir sprechen hier von einem einzelnen Jahr. Und nach allem, was wir aus der Vergangenheit wissen, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei der Geldanlage der langfristige Zeithorizont. Die wohldurchdachte persönliche Anlagestrategie wegen eines einzelnen, ausreißenden Jahres auf den Kopf zu stellen, hat sich selten als zielführend herausgestellt. Die einmal gewählte Strategie geduldig durchzuhalten, zahlte sich in der Vergangenheit meist aus. Und es gibt derzeit keine Anzeichen, dass sich das auf absehbare Zeit ändern sollte. Um dies nachvollziehen zu können, braucht es gar keinen allzu langen Rückblick in die Geschichte. Es reicht bereits, auf die Zeit seit Anfang dieses Jahrtausends zurückzugehen, um das langfristige Potenzial einer Anlage in Aktien mit einer entsprechenden Steuerung über die Anlageklasse Anleihen zu erkennen. Die Krisen kamen und gingen, eine auskömmliche Rendite belohnte diejenigen, die dabei geblieben sind. Die Faktoren Geduld und Disziplin treffen noch unmittelbarer zu auf Sparplaninhaber. Durchhalten ist hier erste Pflicht, um langfristig Vermögen aufzubauen – trotz aller Flexibilität, die Sparpläne bieten. Übrigens kann beim Durchhalten helfen, das eigene Portfolio nicht allzu häufig anzuschauen, um gar nicht erst in Versuchung zu kommen, sich von Tagesbewegungen zu kurzfristigen Handlungen verleiten zu lassen. Denn dafür gab es auf den ersten Blick in der jüngsten Zeit sicherlich genug Anlässe. Außerdem lebt der langfristige Anlageerfolg davon, dass Kurse an den Finanzmärkten schwanken. Dass dies in besonderem Maße auf ETF-Sparpläne zutrifft, haben wir Ihnen immer wieder aufgezeigt.

Doch zurück zur Eingangsaussage, dass diesmal alles anders sein könnte. Ja, das mag zutreffen. Und doch gibt es sie, die Konstanten, die Anleger auch in schwierigen Zeiten zum langfristigen Erfolg führen können. Streuung, Gelassenheit, Geduld, Regelmäßigkeit und Disziplin gehören definitiv dazu. Und das schon seit ewigen Anlagezeiten.


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