Drei Fragen an den CEO von Amundi Deutschland
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Christian Pellis leitet als Chief Executive Officer (CEO) die Amundi Deutschland GmbH. Er ist verantwortlich für die Geschäftsentwicklung von Amundi in Deutschland, die an den Standorten München und Frankfurt präsent ist. In dieser Funktion spricht er viel mit Investoren und weiß daher, was Kunden bewegt.
Herr Pellis, der Beginn eines Jahres ist auch immer die Zeit des Rückblicks. Wie hat sich das Jahr 2022 für Amundi Deutschland entwickelt?
Christian Pellis: Das Jahr 2022 war ein sehr herausforderndes Jahr sowohl für unsere Anleger als auch für Amundi. Ein beherrschendes Thema war natürlich der Krieg in der Ukraine, der leider immer noch anhält. Damit verbunden waren die starken Preisanstiege bei Rohstoffen, allen voran im Energiesektor. Was sich dann auf die Lebensbereiche aller auswirkte, denn das Thema Energie – oder besser – steigende Energiekosten betrifft uns alle. Denken Sie bitte nur an Lebensmittel, die sich ebenfalls zum Teil erheblich verteuerten. Ein Übriges steuerten die Schwierigkeiten bei den Lieferketten bei. Das Ergebnis: ein starker Anstieg der Inflation. Dies alles vorausgeschickt, darf ich sagen, dass wir bei Amundi Deutschland auf eine gute Bilanz des Jahres 2022 zurückblicken dürfen. Mit einem Nettomittelzufluss von 8 Milliarden Euro, sowie einem verwalteten Vermögen von nunmehr 107 Milliarden Euro hat sich das sehr gute Wachstum der letzten Jahre fortgesetzt. Dafür und für das uns geschenkte Vertrauen möchte ich unseren Anlegerinnen und Anlegern danken. Denn ohne Sie wäre das nicht möglich gewesen!
Amundi hat bei einer digitalen Veranstaltung vor Kurzem rund 1.200 Investorinnen und Investoren dazu befragt, wo 2023 die Risiken liegen könnten, die Anleger umtreiben könnten. Was waren die Erkenntnisse?
Christian Pellis: Unsere Befragung fand unter 1.200 deutschen professionellen Investoren und Finanzmarktexperten statt. Auf die Frage: „Welche Risiken 2023 den größten Einfluss auf die europäische Wirtschaft und damit auch auf die Kapitalmärkte haben könnten?“, antworteten 57% der Befragten, dass das Thema Inflation 2023 eine übergeordnete Rolle spielen wird. Ebenso wenig überraschend folgte der bedauerlicherweise immer noch anhaltende Ukraine-Krieg knapp dahinter mit 56% der abgegebenen Stimmen. Fast gleichauf mit beiden Themen lag die Entwicklung der Energiekosten mit 55%. Gerade von der Preisentwicklung bei Energie sind Industrie und Privathaushalte gleichermaßen betroffen. Außerdem treiben Energiekosten die Inflation, was der Grund sein dürfte, warum alle drei vorgenannten Themen in der Gedankenwelt der Investoren so hoch aufgehängt sein dürften. An vierter Stelle folgte dann ein Thema oder Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung, das vielen von uns fast schon tagtäglich in der ein oder anderen Form begegnet. Die Rede ist von dem Fachkräftemangel, eine vor allem perspektivisch in die Zukunft gerichtete Herausforderung, die sich auch nicht ohne Weiteres beheben lassen wird. Hier sind sicherlich große Anstrengungen verlangt, damit die Wirtschaft und das Angebot an Dienstleistungen nicht aus den Fugen gerät. China wird dagegen inzwischen etwas weniger kritisch im Hinblick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung gesehen. Natürlich gilt es, die Situation nach weitgehender Aufhebung der Covid-19 Beschränkungen nach wie vor im Auge zu behalten. Aber nur 23% der Teilnehmenden sehen hier ein ernsthaftes Risiko.
Eng mit China und Asien verbunden sind die Herausforderungen durch mitunter gestörte Lieferketten, was schon seit 2021 seinen beträchtlichen Einfluss auf viele Branchen, aber auch auf Konsumenten und die Inflation hatte. Konnten Sie dazu auch Einblicke gewinnen?
Christian Pellis: Wir nehmen bereits seit einiger Zeit eine gewisse Entspannung bei der Lieferkettenproblematik wahr, was auch mit der Entwicklung in China zu tun haben dürfte. Dies drückte sich dementsprechend in den Antworten unserer Investoren aus: Nur 21% der Teilnehmenden glaubt, dass eine Störung der Lieferketten ein wirklich ernsthaftes Problem in 2023 darstellen könnte. Fehlt noch die Frage, was die Umfrageteilnehmer von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in den USA erwarten. Denn schließlich sind die Aussichten für die weltweite wirtschaftliche Entwicklung in besonderem Maße von der Konjunktur in den USA abhängig. Weshalb auch der nächsten Sitzungen der amerikanischen Zentralbank Fed eine besondere Signalwirkung zukommt und eine Aussage darüber erlauben könnte, wie es quasi genau mit der Gesundheit der Ökonomie in den USA bestellt ist. Die Antwort fiel eindeutig aus: 63% gehen nicht von einer tiefen Rezession in den USA aus, sondern halten ein „Soft Landing“ für wahrscheinlicher, also lediglich eine Abschwächung des amerikanischen Wirtschaftswachstums. Signifikante Gewinneinbrüche oder Entlassungswellen der Unternehmen würden in diesem Szenario damit ausbleiben. Zusammenfassend möchte ich sagen, dass 2023 ein Jahr der Wendepunkte werden könnte. Viele Fragen, die Investoren derzeit beschäftigen, sind noch nicht entschieden. Europa steht vor großen konjunkturellen und strategischen Herausforderungen.
Wir danken Ihnen für Ihre Zeit, Herr Pellis!